Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine stellt einen eklatanten Verstoß gegen elementare Regeln des Völkerrechts dar! Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat dies bereits sehr deutlich herausgestellt (ALLEGATIONS OF GENOCIDE UNDER THE CONVENTION ON THE PREVENTION AND PUNISHMENT OF THE CRIME OF GENOCIDE). Allein die mehrfach wechselnden Begründungen der russischen Führung für die angebliche „Spezialoperation“ belegen das völlige Fehlen einer Rechtfertigung.

Der russische Angriff ist ein offensichtlicher Rechtsbruch!

Auch dem russischen Recht widerspricht der Angriff eindeutig. Nicht nur erklärt Art. 15 IV russische Verfassung die „allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts“ zu Bestandteilen des russischen Rechtssystems. Der 2020 eingefügte Art. 79.1 verpflichtet zur „Unterstützung und Stärkung des internationalen Friedens und … zur Nichtzulassung der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates.“ Art. 353 des russischen Strafgesetzbuches sieht für das Vorbereiten und Führen eines Angriffskriegs als Straftat eine Freiheitsstrafe bis 20 Jahre vor. Sogar nach seinem eigenen Recht gehört Putin in eine Gefängniszelle!

Selten war es also in einem Konflikt einfacher, den Aggressor zu identifizieren. Einen derartigen Zivilisationsbruch gab es in Europa seit Jahrzehnten nicht mehr. Auch im Inland hat das russische Regime die letzten Hemmungen fallen gelassen: Die noch verbliebenen freien Medien mussten aufgeben, Memorial wurde verboten, Tausende Russen verhaftet, nur weil sie gegen den Krieg demonstrierten. Russland fällt in dunkle Kapitel seiner Geschichte zurück.

Das Russland Putins kann kein Partner mehr sein.

Der zynische Rechtsnihilismus des russischen Regimes wurde offenkundig. Niemand kann mehr die Augen davor verschließen, dass Putins Russland sich aus dem Haus Europa und dem Kreis zivilisierter Rechtsstaaten herauskatapultiert hat. Das Ende der Mitgliedschaft im Europarat war folgerichtig. Ein solches Regime kann kein Partner mehr sein!

Kann es, darf es aber noch ein Handelspartner sein? Politik und Wirtschaft in Europa scheinen das in erheblichem Umfang anzunehmen. Anders ist das aktuelle Zögern und Lavieren vieler Politiker und Unternehmen nicht zu verstehen.

Dabei ist offensichtlich, dass es der wirtschaftliche Austausch mit Europa war, der Russland die Aufrüstung und die Kriegsführung ermöglicht haben. Mit Erschrecken liest man Berichte über Technik aus Frankreich, Deutschland und Italien in russischen Militärfahrzeugen. Unsere Zahlungen für Gas und Öl bilden die Grundlage des russischen Wirtschaftssystems. Die bittere Wahrheit lautet, dass Putin mit diesen Einnahmen seinen Militärapparat und sein Repressionssystem aufrechterhält. Während wir von einer Annäherung träumten, liefen im Land bereits die Kriegsvorbereitungen.

Die westliche, vor allem die deutsche Politik der letzten Jahrzehnte, die auf „Wandel durch Handel“ gesetzt hat, ist krachend gescheitert. Im Ergebnis ist Russland heute weiter von Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie entfernt als 1991. Vielmehr haben wir uns energiepolitisch so von Russland abhängig gemacht, dass wir uns nun in einem Dilemma befinden. Den blutigen Preis für diese falsche Politik zahlen die Menschen in der Ukraine.

Auch die Wirtschaft muss erkennen, dass die Fokussierung auf die Vorteile von Handel und Investitionen einen klaren Blick auf die Realitäten des Regimes verhindert haben. Wie können Unternehmer über Corporate Social Responsibility sprechen oder über Menschenrechte in Lieferketten und gleichzeitig weiter mit Russland Geschäfte machen? Erst recht gibt es keine moralische Rechtfertigung, im Russlandgeschäft weiter Gewinne einzustreichen.

Die traurige Wahrheit ist, dass der Westen den russischen Vernichtungskrieg mit Hunderten von Millionen Euro täglich (!) finanziert. Ohne diese Einnahmen würde das russische Regime sehr rasch seinen Krieg nicht mehr bezahlen können.

Gasrohre schließen, um Kanonenrohre zum Schweigen zu bringen!

Daher sind sämtliche Maßnahmen zu treffen, um den Rohstoffimport aus Russland umgehend zu beenden. Lieb gewonnene Projekte wie der Ausstieg aus der Atom- oder Kohleenergie müssen (vorerst) zurückstehen, notfalls müssen wir persönliche Einbußen in Kauf nehmen. Alle Anstrengungen sind dem Ziel unterzuordnen, die Waffen sofort zum Schweigen zu bringen und die russischen Truppen umgehend zum Rückzug aus der Ukraine zu bringen.

Freiheit und Frieden haben einen Preis! Die Menschen in Europa verstehen das, vermutlich besser als viele Politiker. Sie sind zu Opfern bereit, um den Krieg in der Ukraine rasch zu beenden. Die Politik sollte endlich konkrete Maßnahmen ergreifen und jede Finanzierung des Aggressors stoppen!

Prof. Dr. Rainer Wedde lehrt Wirtschaftsrecht an der Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain. Er hat zu einem ostrechtlichen Thema promoviert und war als Rechtsanwalt für mehrere internationale Kanzleien tätig, u.a. in Moskau. Er ist Mitglied im Vorstand der Deutsch-Ukrainischen Juristenvereinigung und Co-Sprecher der Fachgruppe Recht der DGO. Kontakt: rainer.wedde@STOPfinancingtheaggressor.org

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