Die letzten Wochen haben gezeigt, dass die Grundlage, auf der wir unsere Beziehungen zu Russland aufgebaut haben, falsch ist. Putin hat nicht nur erneut ein Land angegriffen, dem er in zwei Verträgen territoriale Integrität zugesichert hatte, sondern er tat dies in der Absicht, Kriegsverbrechen zu begehen, wie die jüngsten Ereignisse in Mariupol, Butscha und anderswo zeigen.
Was sollen wir jetzt tun? Ich denke, dass es hier sehr starke ethische Implikationen gibt, auf die ich allerdings im Folgenden nicht weiter eingehen werde. Stattdessen möchte ich einen sehr egoistischen und egozentrischen Ansatz zur Bewältigung des Problems wählen. Putin hat sich entschlossen, die grundlegenden Regeln zu brechen, die wir uns in der Völkergemeinschaft gesetzt haben – nationale Grenzen können nicht mit Gewalt verändert werden, Soldaten sollten nicht auf Zivilisten schießen, wir foltern keine Gefangenen. Dies sind die Grundlagen unserer Sicherheit und unseres Wohlergehens.

Die russischen Energieimporte zu beenden, wird hart sein. Eine andere vernünftige Option haben wir jedoch nicht.

Beim Risikomanagement suchen wir nach schwachen Signalen und unklaren Bedrohungen, um Risikoszenarien vorherzusagen, die wir dann entschärfen. Die Situation, mit der wir konfrontiert sind, ist allerdings alles andere als unklar. Unser Handel finanziert ein brutales Regime, das direkt vor unserer Haustür einen verbrecherischen Krieg führt. Früher oder später werden wir dafür zahlen. Wenn wir weiterhin russische Energie kaufen, finanzieren wir genau die Armee, die uns bedroht und die auch mit der Ukraine nicht auf-hören wird; wenn wir stattdessen die Energieeinfuhren ein-schränken, werden wir kurzfristig zwar einen hohen Preis zahlen, aber zumindest werden wir die Bedrohung auf lange Sicht eindämmen. Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, dass es einfach sein wird, die russischen Energieimporte zu beenden. Es wird hart sein. Es wird die Schwächsten in unserer Gesellschaft unverhält-nismäßig stark treffen, und wir werden Maßnahmen treffen müssen, um sie zu schützen. Eine andere vernünftige Option haben wir jedoch nicht. Unsere Freiheit ist nichts wert, wenn wir nicht bereit sind, einen Preis dafür zu zahlen. So einfach ist das.

Unsere Freiheit ist nichts wert, wenn wir nicht bereit sind, einen Preis dafür zu bezahlen.

Carlo Pugnetti, Ph.D. (Stanford), lehrt und forscht an der ZHAW School of Management and Law, Winterthur/Schweiz, und Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen. Seine berufliche Erfahrung umfasst Managementfunktionen auf Verwaltungsrat-, Direktions- und CEO-Ebene.

 

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